Kaffee auf Italienische Art
Wenn Sie in die Toskana kommen und zu Gast bei La Scuola di Furio sind, möchten Sie vielleicht vollkommen ins italienische Leben eintauchen und das Dolce Vita genießen.
Kaffee auf Italienische Art
Wenn Sie in die Toskana kommen und zu Gast bei La Scuola di Furio sind, möchten Sie vielleicht vollkommen ins italienische Leben eintauchen und das Dolce Vita genießen. Eine Sache, die sehr viele Italiener gemeinsam haben, ist die Angewohnheit, mindestens einmal pro Tag einen Kaffee in einer Kaffeebar zu trinken. Vor vielen Jahren frühstückte ich gewöhnlich zu Hause. Doch dann fiel mir auf, daß sich an manchen Tagen mein Leben immer nur zwischen meiner Wohnung und meinem Arbeitsplatz abspielte und es somit eher farblos und trist war! Also begann ich damit, im Café zu frühstücken. Das Frühstück in einem Café ermöglicht es einem, ein kleines Schwätzchen abzuhalten, Freunde zu treffen, die Zeitung zu lesen, mit dem/der Barista ein persönliches Anliegen zu erörtern, über die Politik zu schimpfen und einfach eine Viertelstunde abzuschalten. Ich persönlich mag es am meisten, ganz in Ruhe im Sitzen zu frühstücken und die hiesigen Zeitungen durchzublättern. Wenn wir Italiener auf der Straße zufällig einen Freund treffen, laden wir ihn normalerweise spontan „auf einen Kaffee“ ein, was wie eine kleine Umarmung, eine kleine Geste der Zuneigung verstanden wird, wobei der Kaffee selbst oft nur Nebensache ist. Sie werden sehr schnell erkennen, daß hier der Kaffee normalerweise im Stehen an der Theke getrunken wird. Denn für uns ist der Kaffee ein Genuss, der auch auf die Schnelle eingenommen werden kann. Die Menschen, die Sie auf der Straße mit einem Kaffeebecher in der Hand sehen, sind oft Wichtigtuer oder Ausländer! Ein echter Italiener trinkt seinen Kaffee an der Theke!
Kleine Tipps, um den richtigen Kaffee zu bestellen:
Caffè - Espresso (wenn wir einfach nur „un caffè“ sagen, meinen wir damit natürlich immer einen Espresso)
Caffè al vetro/al bicchiere - ein Espresso, der in einem Glas an Stelle von einer Porzellantasse serviert wird
Caffè doppio – ein doppelter Espresso in einer kleinen Tasse
Caffè lungo/alto - das Wasser wird hier langsamer durch das Kaffeepulver gefiltert (ungefähr 30 Sekunden lang) und deshalb fließt mehr Flüssigkeit in die Tasse. Bitte nicht mit caffè americano oder deutschem Filterkaffee verwechseln!
Caffè ristretto/basso - ein sehr starker Espresso in konzentrierter Form. Man zieht die Tasse früher von der Maschine weg, damit nur die ersten Tropfen Wasser in die Tasse fließen.
Caffè corretto con … - Espresso mit Schuss (also mit etwas Hochprozentigem „korrigiert“). Das kann ein Grappa sein oder aber auch Sambuca, Rum, Whiskeycreme oder ein Amaro (bitterer Kräuterlikör) wie Fernet Branca. Oder aber ein Sassolino (ein Anislikör, der mit verschiedenen Gewürzen aromatisiert wurde wie zum Beispiel Kümmel, Zimt, Fenchel und ein wenig Absinth) oder ein Varnelli (ein trockener Anislikör).
Caffè macchiato freddo - ein Espresso mit einem kleinen Schuss kalter Milch
Caffè macchiato caldo - ein Espresso mit einem kleinen Schuss heißer Milch
Macchiatone - hier wird es kompliziert: Manche Cafès verlangen für einen macchiato den gleichen Preis wie für einen Espresso, wobei ein Cappuccino mehr kostet. Manche Kunden wollen ganz schlau sein und bestellen einen „macchiatone in tazza grande“ (einen macchiatone in der großen Tasse), der viel größer ist, als ein Espresso und nur wenig kleiner als ein Cappuccino, nur weil sie den vollen Preis für einen richtigen Cappuccino nicht bezahlen wollen!
Caffè latte - ein Espresso mit warmer Milch, der oft in einem großen Glas in der Art eines Longdrinks serviert wird.
Cappuccino - ein Espresso mit Milchschaum (keine Sahne!!!) und mit ein wenig Kakaopulver bestreut. Italiener trinken nach 11 Uhr grundsätzlich keinen Cappuccino mehr. Wir betrachten mit großem Mißtrauen Menschen, die nach dem Essen einen Cappuccino bestellen. Und mit Horror solche, die WÄHREND des Essens einen trinken. Wenn Sie zu Rosy und Renata (Bar Delizie) gehen und zu ihrem Teller Pasta einen Cappuccino bestellen, bin ich mir nicht sicher, ob Sie einen bekommen würden! Aber wir leben ja schließlich in einer freien Welt und jeder ist seines Glückes eigener Schmied!
Latte macchiato - warme Milch mit einem Espresso, der normalerweise wie der caffè latte serviert wird, wobei allerdings die Menge der beiden Flüssigkeiten vertauscht wird.
Marocchino - ein Mini-Cappuccino mit „Schichten“. Auf den Tassengrund kommt erst einmal heiße Schokolade, dann Espresso, dann eine dünne Schicht Kakaopulver und dann Milchschaum.
Caffè decaffeinato/caffè deca - Koffeinfreier Espresso
Caffè d’orzo - Gerstenkaffee (ein untrinkbares Gebräu!), also eben ein Espresso mit Gerste, der natürlich kein richtiger Kaffee ist, eben weil er mit Gerste gemacht wird!
Caffè al ginseng - eine Modeerscheinung, die, wie mir scheint, glücklicherweise gerade abnimmt. Es handelt sich um einen Espresso, dem normalerweise nur das Aroma der asiatischen Wurzel beigefügt wird. Ich habe hierbei keine persönlichen Erfahrungen gesammelt, aber rate irgendwie davon ab. Bestellen Sie es ruhig, aber auf Ihr eigenes Risiko.
Caffè americano - ein Espresso, der in einer großen Tasse serviert wird und mit einem Kännchen heißem Wasser zum Aufgießen. Ich persönlich trinke ihn jeden Morgen zum Frühstück. Ich kann Ihnen versichern, daß man Sie mißtrauisch mustern wird, wenn Sie ihn in einer Kaffeebar in der Provinz (und in so mancher Bar in der Stadt) bestellen.
Caffè Americano
Caffè con ghiaccio - ein Espresso mit Eiswürfeln.
Caffè shakerato - ein „geschüttelter“ Espresso, der normalerweise schon gesüßt serviert wird (der Barista wird Sie fragen, wieviele Teelöffel Zucker Sie gerne möchten – „quanti cucchiaini di zucchero?“). Man trinkt ihn am liebsten an einem heißen Sommertag. Der Espresso wird im Shaker mit Zucker und ein paar Eiswürfeln zubereitet und in einem kalten Glas serviert. Eine Spezialität aus Neapel!
Wie bereits erwähnt trinken wir Italiener unseren Espresso in zwei Schlucken im Stehen an der Theke. Viele Bars berechnen einen höheren Preis, wenn man sich an einen Tisch setzt. Aber in diesem Fall kommt es darauf an, ob man von einem Kellner bedient wird oder nicht. Wenn Sie also ihren Kaffee an der Theke bestellen und bekommen und ihn dann selbst zu einem freien Tisch tragen und sich kurz setzen, wird normalerweise der Thekenpreis berechnet. Dies gilt vor allem für einfache Bars. Setzen Sie sich jedoch in eines der Straßencafés auf einer malerischen Piazza und werden bedient, können Sie damit rechnen, einen höheren Preis zu zahlen. Normalerweise haben Bars keine Speisekarten. Die Preise stehen jedoch gut sichtbar auf einer (oft schwarzen) Tafel, die an der Wand hängt. Sehr oft muß der Kaffee vor der Bestellung bezahlt werden, aber nicht immer. Nun, schauen Sie sich einfach um und beobachten Sie die italienischen Kunden. Wenn die Bar die Kasse auf der Theke stehen hat und nur ein oder zwei Baristas da sind, kann man den Kaffee vorher trinken und hinterher bezahlen. Gibt es jedoch eine Kasse auf der gegenüberliegenden Seite der Theke, an der ein Kassierer/Kassiererin sitzt, wird vorher bezahlt. Mit dem „scontrino“ (Kassenbon) in der Hand gehen Sie dann hinüber, zeigen ihn dem Barista und sagen laut ihre Bestellung. Oft schaut er sich den Kassenbon kurz an und macht mit dem Fingernagel einen kleinen Strich darauf. Dann stellt er eine Untertasse vor Sie hin, eine kleine für einen Espresso und eine große für einen Cappuccino. Dies bedeutet, daß er Ihre Bestellung registriert hat und dabei ist, den Kaffee für Sie zu machen. Bleiben Sie also bitte vor der Untertasse stehen, sonst kann es passieren, daß ein anderer Kunde Ihren Kaffee bekommt. Besonders an den Bars der Autobahnraststätten können Sie dies sehr gut beobachten, da es dort oft sehr hektisch zugeht und viele Kunden gleichzeitig ihren Arm über die Theke strecken und bedient werden wollen.
(Erinnern Sie sich an die Szene aus dem Film „Eat, Pray, Love“ mit Julia Roberts? Als sie in Rom einen Kaffee an der Bar bestellen möchte und einfach kein Gehör findet? Das ist eine ganz typische Szene für Italien! Wer am lautesten schreit und den längsten Arm hat, wird zuerst bedient!)
Ein weiterer Grund, warum wir Italiener so gerne in der Bar frühstücken sind natürlich auch die süßen Stückchen, die „paste“ (una pasta = Teigware). Manche Bars sind regelrechte Konditoreien, die eine riesige Auswahl an süßen Versuchungen haben. Diese können regional sehr unterschiedlich sein. In der Toskana gibt es in einer gewöhnlichen Bar normalerweise Croissants, die wir Brioches oder Cornetto nennen. Diese können leer (vuote) sein oder gefüllt mit Puddingcreme (crema), Aprikosenmarmelade (marmellata di albicocca) oder Schokocreme (cioccolato). Außerdem können Sie eine treccia (eine Art Blätterteigzöpfchen), Tortina al riso (ein rundes Reistörtchen) und sfoglia al riso (Blätterteiggebäck mit Reis) oder sfoglia alla mela (Blätterteiggebäck mit Apfelstückchen) essen. Wer es lieber salzig mag, kommt natürlich auch auf seine Kosten. Oft gibt es Pizzastückchen oder belegte „Schiacciata“ (eine Art knuspriges Pizzabrot, das oft auch Focaccia genannt wird). Oder Sie probieren ein „tramezzino“: Das sind die kleinen dreieckigen Sandwiches (in die Hälfte geschnittene Toastbrotscheiben ohne Rand), die mit allem Möglichen belegt sein können, z.B. Thunfisch und Majo, geräucherter Lachs oder gekochter Schinken usw. Was in einer Bar eher selten getrunken wird, sind alkoholische Getränke! Ja tatsächlich! Und vor allem wird dort kein Wein getrunken, den wir Italiener wirklich nur zum Essen genießen. An der hinteren Wand der Bar stehen natürlich eine ganze Menge von Spirituosen. Aber es wird nur selten davon Gebrauch gemacht. Am ehesten trinkt der Italiener einen Amaro (Kräuterlikör) zur Verdauung oder ein Glas Sekt (spumante). Manche Bars bieten zur frühen Abendstunde (Happy Hour) auch kleine Knabbereien auf der Theke an, von denen Sie sich bedienen dürfen, wenn Sie ein Aperitivo bestellt haben. Und da wird meistens der alkoholfreie Crodino getrunken.
Übrigens: Wenn Sie in einer Stadt mal auf die Toilette müssen, können Sie getrost in eine Bar gehen. Allerdings gehört es zum guten Ton, eine Kleinigkeit zu bestellen. Wenn Sie gerade keinen Kaffee möchten, reicht auch ein Glas Wasser oder ein Päckchen Kaugummi. Geben Sie dem Barista vorher zu verstehen, daß Sie etwas „konsumieren“ möchten und fragen Sie erst dann nach dem „Bagno“.
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