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Eine historische Veranstaltung mit Nervenkitzel


Eine historische Veranstaltung mit Nervenkitzel

Historischer Fußball? Fußball in historischen Gewändern oder Florentinischer Fußball? 500 Jahre Geschichte in einem Spiel.

Historischer Fußball, Fußball in historischen Gewändern oder Florentinischer Fußball – all diese Namen trägt die historische Veranstaltung, die immer am 24. Juni, dem Johannistag, in Florenz stattfindet.                 

Wenn Sie in der letzten Junihälfte gerade bei La Scuola di Furio zu Gast sind, bitte ich Sie, dieses Datum im Auge zu behalten. Denn,  wenn Ihnen das, was ich Ihnen gleich erzählen werde, gefällt, können Sie mich kontaktieren und ich kann Ihnen Tickets für die Veranstaltung organisieren. Wenn Sie sich jedoch eher nicht für dieses Fußballspiel, das seine Anfänge  bereits vor 2000 Jahren hatte, interessieren,  rate ich Ihnen, Florenz in diesen Tagen eher zu meiden oder Ihren Besuch auf andere Stadtteile zu konzentrieren und die Gegend um die Piazza Santa Croce weitläufig zu umgehen.  

Was ist der Historische Fußball?

Der Historische Fußball von Florenz ist eine Mischung aus Fußball, Rugby, Ringen und Boxen. Es ist ein Mannschaftssport bei dem jede Mannschaft aus 27 Spielern besteht, die „Calcianti“ (Calcio=Fußtritt, somit Calcianti=Fußtreter) genannt werden. Es gibt vier Mannschaften: Die „Roten“  spielen für das Stadtviertel Santa Maria Novella, die „Grünen“ für San Giovanni, die „Weißen“ für Santo Spirito und die „Blauen“ für Santa Croce.       

Wer gegen wen spielt wird am Ostersonntag auf der Piazza San Giovanni ausgelost.  Vor der Messe zieht der Bischof vier Marmoreier in den Farben der Mannschaften und segnet die Spieler. Nach dem Halbfinale findet das Finale am Johannistag, dem 24. Juni, statt 

Es geht bei dem Spiel darum, die meisten Punkte beim sogenannten „Jagen“ („fare la caccia“) zu machen. Ein Spiel dauert 50 Minuten. Wenn eine Mannschaft „eine Jagd gewinnt“, wird das Spielfeld gewechselt. Wenn der Ball über das Netz hinausgeht, spricht man von „halber Jagd“ und die Gegenmannschaft bekommt einen halben Punkt.  Die Spieler sind Männer, die in Florenz geboren wurden oder seit mindestens 10 Jahren hier wohnen. Sie bekommen kein Preisgeld und werden auch nicht bezahlt. Seit 2016 verbieten die Spielregeln ausdrücklich jegliche Schläge unter die Gürtellinie. Außerdem steht da, daß die Spieler keine verurteilten Straftäter sein dürfen und nicht älter als 40 Jahre alt. Das Spiel beginnt, wenn der Ballgeber (pallaio) den Ball ins Feld wirft. Er ist eine Art Schiedsrichter, der in den Farben aller Mannschaften gekleidet ist, um seine Unparteilichkeit zu demonstrieren. Danach sucht er schleunigst das Weite, weil das Spiel schnell richtig „körperlich“ wird. In diesem Video können Sie sich ein paar Szenen ansehen, die bei einem früheren Spiel gedreht wurden. Nein, nein, das ist nicht der Innenhof im Knast, sondern tatsächlich Piazza Santa Croce in Florenz! 

Die Ursprünge des Historischen Fußballs

Die Ursprünge dieser Veranstaltung gehen bis zur Gründung von Florenz zurück. Die Stadt Florentia entstand als römisches Feldlager, in das sich altgediente Veteranen, die in vielen militärischen Schlachten gekämpft hatten, zurückzogen. Diese Männer waren ihr ganzes Leben lang Soldaten gewesen und sie wollten sich mit diesem Zeitvertreib fithalten. Es war eine Mischung aus Spiel und Training und wurde „Harpastum“ genannt. Harpastum  bedeutet „entreißen“. Es ging praktisch darum, dem Gegner etwas zu entreißen, das dieser in Händen hatte. Auch wenn diese Tradition des Harpastum im Laufe der Jahre etwas verloren ging (in einer Zeit von Hunderten von Jahren kann ja schließlich viel passieren: Pestepidemien, Bevölkerungsrückgang, Kriege, Machthaber, denen solche Zeitvertriebe ein Dorn im Auge waren….) , so blieb dieser Wettkampf doch im Herzen der Florentiner verankert. Das Spiel taucht in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts erneut in den Geschichtsbüchern auf und wir wissen daher mit Bestimmtheit, daß es im Januar des Jahres 1491 auf dem zugefrorenen Arno gespielt wurde (früher wurde es nämlich immer im Winter, zur Zeit des Karnevals, gespielt). Als das berühmteste Spiel gilt das sogenannte „Fußballspiel der Belagerung“, das am 17. Februar 1530 stattfand

 Ich erzähle Ihnen schnell, um was es ging: Florenz wurde von den Truppen Karls V belagert, die sich auf den Hügeln von San Miniato a Monte in Stellung gebracht hatten. Natürlich hatten sie diesen Ort aus einem bestimmten Grund ausgesucht: Von dort oben hatten sie einen ausgezeichneten Blick auf die Stadt. Vom Hügel aus konnten sie genau sehen, ob sich jemand der Stadtmauer näherte oder was innerhalb der Stadt vor sich ging. Vor allem große freie Plätze, wie die Piazza Santa Croce, konnte man gut beobachten. Bei einer Belagerung  geht es natürlich darum, die Gegenseite durch Aushungern zur Aufgabe zu zwingen. Aber auch der Belagerte kann den Spieß umdrehen und die Belagerer irreführen, indem er sie glauben läßt, daß es in der Stadt Lebensmittel im Überfluß gibt und einen gebraten Ochsen von der Mauer wirft. Der Vorfall vom 17. Februar 1530 ist ganz ähnlich, aber eben typisch florentinisch. Die Florentiner sind ja bekannt für ihren respektlosen Charakter und daß sie sich gern über andere lustig machen.

Diese Episode ist ein Paradebeispiel für diesen Charakterzug. Die Geschichtsbücher berichten, daß die Bürger von Florenz den kaiserlichen Truppen einen Streich spielen wollten und „in ispregio“ (zum Hohn) beschlossen, auf dem von den Truppen am besten einsichtbaren Platz, der Piazza Santa Croce, ein Historisches Fußballspiel zu veranstalten. Damit wollten sie sie verhöhnen und ihnen weismachen, daß es ihnen absolut nichts ausmachte, daß die Stadt belagert wurde. Es sollte so aussehen, daß das Leben innerhalb der Stadtmauern seinen gewohnten Gang nahm und man sich sogar die Zeit mit Spielen vertreiben konnte und genug Energie und Kraft  für diesen Sport hatte. Um ganz sicher zu gehen, daß die Truppen das Spektakel auch ja nicht verpassten, wurden Musiker auf das Dach der Kirche Santa Croce gesetzt, die laut spielten, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die „Kaiserlichen“ gaben als Antwort einen Kanonenschuß ab, der allerdings in Leere ging und wurden dafür erneut verhöhnt. Laut Chronik spielten die „Grünen“ von San Giovanni gegen die „Weißen“ von Santo Spirito. Wer allerdings gewonnen hat, ist nicht bekannt!

Wie die Spieler des Historischen Fußballs von Florenz gekleidet sind

Die historischen Kostüme sind von großer Wichtigkeit und wurden im Stil der Renaissance angefertigt, um eben an dieses historische Spiel vom 17. Februar 1530 zu erinnern. Es geschieht jedoch meistens, daß viele Spieler das Oberteil ihres Gewandes ausziehen und mit nacktem Oberkörper spielen, weil es ihnen zu heiß wird oder sie dem Gegner keine Gelegenheit geben wollen, sie an der Kleidung zu packen. 

Das Historische Fußballspiel in der Neuzeit und Heute

Unter Mussolini wurde der Historische Fußball auf Initiative des faschistischen, florentinischen Befehlshabers Alessandro Pavolini  wieder aufgegriffen und wurde auch nach dem Krieg beibehalten (es wurde sogar im Jahre 1941 gespielt!). Nach dem Krieg wurde bis 1967 auf der Piazza della Signoria gespielt, weil in der Zwischenzeit eine Statue Dantes in der Mitte der Piazza Santa Croce aufgestellt worden war und es somit unmöglich war, den Platz als Spielfeld zu nutzen. Schwer zu glauben? Tiziana zeigt Ihnen den Beweis! Hier sehen Sie ein Foto davon (entnommen von der Facebook-Gruppe „Vecchia Firenze Mia" - Mein altes Florenz)!

Am 4. November 1966 wurde Florenz von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht. Das Hochwasser beschädigte die Fundamente der Statue, die nach der Restaurierung nicht mehr in der Mitte des Platzes aufgestellt wurde, sondern dort, wo wir sie heute sehen und zwar oberhalb der Kirchentreppe der Basilika von Santa Croce. Ab da war der Platz wieder frei und man konnte das Historische Fußballspiel abhalten.

Der Preis für die Siegermannschaft

Eine Kuriosität, die nicht vielen Menschen bekannt ist! Was gewinnen eigentlich diese wilden Kerle, die sich so heftig im Staub raufen? Nun, die Siegermannschaft bekommt ein ganzes Rind der Chianina-Rasse!

Damit Sie sich bereits von Zuhause ein Bild davon machen können…

Wenn Sie Netflix haben, können Sie bereits  Zuhause auf Ihrem Sofa einen Vorgeschmack auf den Historischen Fußball in Florenz bekommen. Seit 2020 ist hier die Dokuserie „Home Game“ zu sehen, die besonders aufregende und außergewöhnliche Sportarten auf der ganzen Welt vorstellt. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf deren Geschichte und Kultur, in der sie entstanden sind, gelegt. Die acht Folgen der Serie zeigen Sportveranstaltungen in den USA, im Kongo, in Indien, Indonesien, Kirgisistan, auf den Philippinen, in Schottland und in Italien. GDie Serie, die im Jahr 2019 in Prato und Florenz gedreht wurde, zeigt auch die harte Arbeit, die Leidenschaft (der wahre Motor dieser Veranstaltungen) und die Emotionen hinter den Sportarten. Hier ein kleiner Vorgeschmack in italienischer Sprache: https://www.facebook.com/netflixitalia/videos/566144230680073 

Alle Fotos entstammen der offiziellen Website: https://www.calciostoricofiorentino.it/