Ist der italienische Kaffee wirklich der beste Kaffee der Welt? Ich habe an einer Kaffeeverkostung teilgenommen.
Ist der italienische Kaffee wirklich der beste Kaffee der Welt? Um das herauszufinden, habe ich an einer Kaffeeverkostung teilgenommen. Hier nun die acht wichtigsten Dinge, die einen perfekten Espresso ausmachen. Wir Italiener können uns wirklich glücklich schätzen. Wir sind umgeben von Schönheit. Wir sind daran gewöhnt, in wunderschönen Landschaften und Städten voller Kunstwerke zu leben, wunderbares Essen genießen zu können und vieles mehr. Doch manchmal nehmen wir sie einfach nur so hin und es ist uns gar nicht klar, daß wir viele dieser Dinge etwas näher betrachten und besser kennenlernen könnten. Denn dies würde uns auch zeigen, daß vieles, was wir zu wissen glauben, gar nicht stimmt. Wir besitzen oft nicht die richtigen Informationen, um zu verstehen, ob das, was uns gefällt und schmeckt nun wirklich von guter Qualität ist oder nicht. Das bin ich, Tiziana, in Rivoire, Piazza della Signoria, Florenz Eine der häufigsten Überzeugungen in Italien ist, daß unser Kaffee der beste der Welt sei. Nun, das stimmt manchmal, manchmal aber auch nicht. Ich sage dies als regelmäßige Kaffeetrinkerin. Ungefähr zweimal pro Tag gehe ich in die Kaffeebar und trinke einen Espresso, auch wenn ich mich selbst nicht gerade als "Kaffeeliebhaberin" bezeichnen würde. Es mag lächerlich erscheinen, aber ich muß zugeben, daß ich, wenn ich ins Ausland reise, gerne noch am Flughafen oder an der letzten italienischen Autobahnraststätte vor der Grenze einen Espresso trinke, weil ich weiß, daß der Kaffee im Ausland "anders" ist (und oft auch sehr viel teurer). Danach passe ich mich den lokalen Trinkgewohnheiten an. Und wenn ich auf der Rückreise bin, ist das Erste, was ich mache, einen Espresso in einer Bar zu trinken. Aber ich bin nicht sicher, ob ich in der Lage bin, zu verstehen, ob ein Kaffee gut oder weniger gut ist! Ich habe aus Erfahrung gelernt, mein eigenes Wissen anzuzweifeln; es macht mir Spaß, den Dingen auf den Grund zu gehen und immer mehr darüber zu erfahren. Deshalb habe ich beschlossen, an einer Kaffeeverkostung teilzunehmen. Landkarte des Kaffees An einem frischen Samstagmorgen im November stehe ich früh auf, versorge den Hund und mache mich nach Pisa auf. Um genau zu sein, nach Ospitaletto. Es gibt kaum Verkehr und dank der Schnellstraße FI-PI-LI vergeht die Fahrt wie im Flug. Ich bin hier, weil ich mich für eine Kaffeeverkostung angemeldet habe. Ich bin ein neugieriger Mensch und je älter ich werde, desto mehr stelle ich fest, daß ich viele Dinge nicht weiß oder zu glauben wisse, obwohl ich falsch liege. Ich habe auf Facebook eine Anzeige für eine Kaffeeverkostung gesehen (ich wußte gar nicht, daß es so etwas gibt!) und habe mich angemeldet. Silvio Colombini und die strahlende Lisa erwarten uns, um uns die Welt des Kaffees näher zu bringen. Ich erfahre, daß Kaffee bestimmten Auflagen unterliegt, denn (und das gilt natürlich für jedes Lebensmittel) auch wenn der Geschmack subjektiv ist, ist die Qualität dennoch objektiv. Wo liegt die Wiege des Kaffees? Die Geschichte des Kaffees Der Legende nach, vor tausenden von Jahren in einem Land ungefähr zwischen dem Yemen und Äthiopien, brachte ein Hirte namens Kaldi seine Schafe auf die Weide (in anderen Versionen ist von Ziegen und sogar Kamelen die Rede! Ich könnte mir vorstellen, daß die Geschichte anfangs nur mündlich überliefert wurde und an die heimische Fauna angepaßt wurde). Er stellte fest, daß seine Schafe besonders unruhig waren und in der Nacht nicht schlafen konnten. Aber woher kam diese ganze Aufregung? Er beobachtete, daß die Tiere diese Anzeichen von Nervosität und Empfindlichkeit vor allem dann zeigten, wenn sie von den Blättern und Beeren der Kaffeepflanze gefressen hatten. Deshalb begann Kaldi, mit dieser so belebenden Pflanze zu experimentieren (wir wissen heutzutage natürlich, daß Kaffee noch viele weitere Eigenschaften hat). Damals wurde die Pflanze durch das Kauen der Blätter konsumiert. Dann wurden die Blätter wie Teeblätter mit Wasser übergossen. Erst später fand man heraus, daß die Wirkungskraft besonders in den Kaffeebohnen konzentriert war. Da im Islam Alkohol verboten ist, hatte Kaffee großen Erfolg in seiner Ursprungsregion und kam von dort in die europäischen Häfen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war der Handelsverkehr im Mittelmeer sehr intensiv. Kaffee tauchte erstmals um das Jahr 1570 in Venedig auf. Damals konnten sich nur die Wohlhabenden dieses so exotische Getränk, das nur in der Apotheke erhältlich war, leisten. Doch man fand bald Geschmack daran und erkannte intuitiv das Potential seines kommerziellen Erfolges indem man die ersten „Kaffeehäuser“ gründete. In Venedig eröffnete im Jahre 1615 das erste Café im Sinne eines Lokals, in dem dieses Getränk ausgeschenkt wurde: Das noch heute existierende Café Florian. Es geschah sogar, daß der Eigentümer des ersten "Kaffeegeschäfts" (und das im Jahre 1716!) in einem vorher nie dagewesenen Marketingschachzug ein kleines Büchlein herausbrachte, das die positiven Wirkungskräfte auf die Verdauung und als Heilmittel hervorhob, um seine Konkurrenz auszustechen. Durch diese bemerkenswerte Werbetrommel verbreitete sich der Kaffee immer mehr, so daß es im Jahre 1763 in Venedig bereits 218 Cafés gab! Die ersten Städte, in denen sich der Kaffee verbreitete waren Hafenstädte wie Venedig, Neapel und Triest, da es hier einen regen Handelsverkehr mit anderen Hafenstädten des Mittelmeerraumes gab. Auf einem Spaziergang durch Florenz (!!!) habe ich diese seltenen Kaffeepflanzen gesehen, die zum Verkauf angeboten wurden! Die Kaffeepflanze Die Kaffeepflanze kann in der Natur bis zu 15 Meter an Höhe erreichen! Man kann verstehen, weshalb sie im landwirtschaftlichen Anbau aus praktischen Gründen auf einer maximalen Höhe von 2-3 Metern gehalten wird. Man hat als ihre Ursprungsregion die Gegend um Kaffa in Äthiopien identifiziert, wo die Pflanze wild wächst. Sie besitzt eine sehr große Fähigkeit, sich anzupassen. In der tropischen Klimazone wächst sie sehr gut in Brasilien, Indien, Äthiopien und Guatemala. Sie bevorzugt besonders einen stickstoffhaltigen Humus-Nährboden. Eine Kaffeepflanze kann bis zu 80 Jahre alt werden. Sie erreicht ihr Maximum an Produktivität im Alter von ca. 15 bis 25 Jahren. Die Kaffeequalität wird von einer unzähligen Menge an Faktoren bestimmt: Dem Produktionsland, dem Boden, der Höhe (von 200 bis 2000 Metern über dem Meeresspiegel – der hochwertigste Kaffee ist der Hochlandkaffee, weil er unempfindlicher gegenüber Schädlingen ist), der Pflanzensorte, der Nachbarschaft anderer Pflanzen, die ein besseres Aroma verleihen kann und der Art, wie die Bohnen gepflückt werden (ob maschinell oder von Hand und wie oft gepflückt wird), wie die Bohnen vor der Weiterverarbeitung konserviert werden, die Weiterverarbeitung selbst usw. Eine Eigenschaft der Kaffeepflanze hat mich ganz besonders beeindruckt: Die Kaffeefrüchte, die die Bohne oder Bohnen enthalten, können unterschiedliche Reifegrade haben. An ein und demselben Zweig kann man sowohl reife Kaffeefrüchte (auch Kaffeekirschen genannt) finden, als auch faule Früchte, Blüten, verwelkte Blüten, neue Knospen und Früchte, die noch zu unreif für die Ernte sind. Somit wird bei der maschinellen Ernte, dem "Stripping", alles zusammen abgepflückt. Dies erklärt ebenfalls, warum Kaffeefrüchte, die per Hand gepflückt wurden, dem sogenannten "Picking", viel hochwertiger und damit auch viel teurer sind. Jede Kaffeefrucht kann eine, zwei oder vier Kaffeebohnen enthalten. Kaffeebohnen vor und nach der Röstung Die Kaffeekirsche baut sich, von der Außenseite her, folgendermaßen auf: Schale (Exokarp) Fruchtfleisch /Pulpe (Mesokarp) Pergamenthäutchen (Endokarp) Silberhaut Bohne Das Pergamenthäutchen besitzt oft Bitterstoffe. Dieses wird häufig nur deshalb nicht entfernt, weil es das Volumen vergrößert. Die Silberhaut hat hingegen positive Inhaltstoffe. Die meisten Kaffeekirschen bekommen durch die Reifung eine rote Farbe (einige Sorten, wie z.B. "Burbon" nehmen eine gelbe Farbe an). Welche Kaffeesorte trinkt man in Italien? Von den ungefähr 60 Kaffeesorten sind besonders zwei in Italien weit verbreitet: Arabica und Robusta. Silvio hat uns erklärt, daß eine Mischung nicht mehr als 50% von Robusta-Kaffee enthalten sollte. In der Tat gibt es im Handel zwei verschiedene Typen: Kaffee, der nur einen einzigen Ursprung hat, der also nur aus einer geografischen Gegend stammt und nicht vermischt wird. Seine Eigenschaften treten deutlicher hervor, da sie homogener sind. Oder es gibt Mischungen, auch "Blend" genannt, die aus verschiedenen Herkunftsländern stammen, um eine ausgeglichenere Tasse Kaffee zu bekommen (ein "Blend" kann auch nur aus Arabica bestehen, oder eben aus Arabica und Robusta). Was macht einen perfekten Espresso aus? Ein perfekter Espresso hat bestimmte Eigenschaften: Die Farbe muß nuß- oder dunkelbraun sein Die Konsistenz muß sehr fein und seidig sein und eine getigerte Schattierung aufweisen. Die "Crema" (nicht der Schaum!!!) muß zwischen 1 und 3 Minuten anhalten und regelmäßig sein. Das Aroma muß sehr intensiv sein. Der Trick dabei ist, die kleine Tasse auf Höhe des Bauchnabels in der Hand zu halten. Den Duft eines ausgezeichneten Kaffees kann man bereits jetzt riechen. Dann wird die Tasse ganz langsam in Richtung Nase angehoben. Je eher Sie das Aroma wahrnehmen, je besser ist der Espresso. Ein gutes Gleichgewicht zwischen der Säure (die keineswegs ein negativer Aspekt ist!) und dem Bitterstoff (ebenfalls nicht negativ). Es dürfen KEINE Blasen vorhanden sein. Es darf KEINE Schaumhaube in der Mitte geben, wie es in so mancher (falschen) Werbung vorkommt. Eine weitere Sache, die ich nun gelernt habe ist, daß der Geschmack eines guten Kaffees nur so lange wie nötig im Mund bleiben sollte und nicht DEN GANZEN TAG! Ein Espresso setzt bis zu HUNDERT Aromen frei. Manche davon sind gut, manche schlecht. Unter den schlechten Aromen findet man Holz, Stroh, Erde, Moos, Schimmel, Fäulnis, Arznei, verbrannter Gummi (chemisch) und einen RANZIGEN Geruch. Es gibt eine genze Palette von positiven und negativen Aromen beim Kaffee! Ist es besser einen Espresso aus der Tasse oder aus einem Glas zu trinken? Die beste Espressotasse ist aus dickem Porzellan und besitzt einen runden (konkaven) inneren Boden, der sich nach unten hin zuspitzt, um die "Crema" nicht zu zerstören. Das Wasser sollte bis zu 92-94°C haben. Der Espresso selbst sollte somit ungefähr 70°C aufweisen. Daher ist es besser, wenn die Tasse vorher erwärmt wurde, um einen thermischen Schock zu vermeiden. In den Espressomaschinen der Kaffeebars gibt es eine Ebene, die eigens der Erwärmung der Tassen dient. So mancher zerstreute Barista erwärmt die Tassen jedoch auf dem Kopf stehend, wobei man sich heftig die Lippen verbrennen kann, denn es sollte nur der Tassenboden erwärmt werden! Die eigentliche Verkostung war wirklich sehr interessant, aber ich möchte diesen Moment lieber nicht genauer beschreiben, denn als jeder von uns probieren durfte und seine Eindrücke schildern sollte, konnte ich tatsächlich den ranzigen Geruch in einem seit längerer Zeit geöffneten Sack nicht feststellen. Mein Fehler! Ich bin froh, daß ich diese Erfahrung gemacht habe, auch wenn ich jetzt mehr Zweifel als vorher habe. Und wenn ich in ein Café gehe und einen "Kaffee" bestelle, fallen mir immer die Worte Silvios ein: Warum verlangen wir einfach nur einen "Kaffee"? So als ob Kaffees alle gleich wären! Wenn wir einen Teller Nudeln bestellen, sind wir schließlich viel differenzierter. Wir bestellen einen Teller Penne, Spaghetti oder Rigatoni mit Tomaten-, Bolognese- oder Amatriciana-Sauce. Warum sagen wir nur "ein Kaffee"? Ich denke, es war gut, daß ich diese Verkostung gemacht habe. Im Allgemeinen rate ich jedem, seine Kenntnisse über Lebensmittel zu vertiefen. Unser Wohlbefinden hängt vor allem davon ab, wie wir uns ernähren und wir sollten alle ein besonderes Augenmerk auf die Dinge haben, die wir unserem Organismus zufügen. Es ist besser weniger zu essen und Lebensmittel von guter Qualität, als uns vollzustopfen mit Essen von zweifelhaftem Ursprung! Irgendwo habe ich einmal gelesen, daß es das Beste wäre, wenn wir uns wie zu Großvaters Zeiten ernähren würden! Ich habe das Gefühl, dies ist ein ausgezeichneter Rat! Und wie schmeckt Ihnen Ihr Kaffee? Das bin ich mit meinem Kaffeeverkostungs-Zertifikat